Beim SZ-Fahrradfest machen über 3 000 Pedalritter in Radebeul rast. Mit originellen Einfällen trotzen sie der Hitze.

20. SZ-Fahrradfest – Verpflegungspunkt in Radebeul für die AOK PLUS-Tour

Jenö Nyiri stöhnt. „Diese Hitze!“, sagt der Mann mit dem weißen, nassen Tuch auf dem Kopf. Knapp 14 Kilometer hat er mit dem Fahrrad zurückgelegt, als er auf der Festwiese in Radebeul ankommt. Mit dem Drahtesel steuert er direkt auf den Wasserstand zu, greift sich zwei Becher, trinkt hastig. „Einen Schluck gegen den Durst und einen für den Heimweg“, sagt er und lacht.

Die Abkühlung kommt für Jenö Nyiri und die rund 3 200 Pedalritter gerade richtig. Es ist Sonntag, kurz vor Mittag und das Thermometer zeigt knapp 38 Grad im Schatten an, als die Teilnehmer der AOKTour des SZ-Fahrradfestes den Verpflegungsstützpunkt im Radebeuler Westen erreichen. Im Schatten der Lkw, Pavillons und der Turnhalle suchen sie Abkühlung. Oder stehen an den Verpflegungsständen Schlange. Wer eine Banane will, braucht einen Schein. Müsli-Riegel gibt’s ebenfalls gegen das Papier, so wie Apfelschorle, Waffeln, kleine Salamis und Äpfel. Die Gutscheine wechseln die Besitzer. Die Verpflegungsstände sind von Pedalrittern umringt. Vor allem der Wasserstand. Den Durstlöscher gibt es ohne Wertmarke. Über 1 650 Liter stehen für die Radfahrer bereit.

Ein paar Meter weiter. Jacqueline Wagner bleibt trotz der Hitze cool. Die Sekretärin der SZ-Redaktion Dresden hilft schon seit Jahren freiwillig beim Fahrradfest mit. Sie steht in einer der Hütten und händigt frisches Obst und Waffeln aus. „Da brauchen Sie einen Schein“, erklärt sie einem verschwitzen Radfahrer charmant.

Warum? Damit nur Teilnehmer des SZ-Fahrradfestes in den Genuss der Verpflegung kommen. Der Mann im grünen Trikot kramt in seiner Bauchtasche und zieht den Gutschein hervor, den er bei der Anmeldung bekommen hat. „Der Nächste bitte.“

Mit Beatrix und Steffen Thämelt teilt sich Jacqueline Wagner die Arbeit. Kurz nach 12 Uhr wird es eng. Erst einzeln, dann im Pulk strömen die Teilnehmer der 30 Kilometer langen AOK-Tour vom Elberadweg her auf den Platz. Alle brauchen Stärkung. Kein Problem. Das Trio öffnet im Sekundentakt Waffelpackungen tauscht leere gegen volle Obstkartons aus und stapelt Müsliriegel und Salami auf dem Tresen. „Uns macht das Spaß“, sagt Jacqueline Wagner, die wie die übrigen 25 Helfer auf der Festwiese jeden einzelnen Teilnehmer mit einem Lächeln begrüßt.

Die Radler schätzen das. „Die Verpflegung war super“, sagt Thomas, der sich in der Nähe des Standes stärkt. Unterwegs, erzählt der junge Mann, habe er nichts zu sich genommen: „Hier in Radebeul ist ja Halbzeit. So gestärkt komme ich gut wieder nach Dresden“, sagt er. Und was macht er gegen die Hitze? „Ich komme aus Cossebaude, kenne die Strecke ganz gut. Wenn es mir zu heiß wird, fahre ich einen Umweg und suche mir schattige Straßen.“

20. SZ-Fahrradfest – Wasser für den Rückweg

Auch Markus Vater ist mit seiner Frau Margot bei der Hitze nur über die 30-Kilometer- Distanz geradelt. Seit Jahren nimmt das Paar am SZ-Fahrradfest teil. „Eigentlich buchen wir immer die längeren Strecken, aber bei dieser Hitze wollten wir etwas Kürzer treten. Dabei sein ist alles. Mir ist der olympische Gedanke wichtig.“ Wie den übrigen Teilnehmern tropft auch dem Mann aus Weißig Schweiß von der Stirn. Bei strahlendem Sonnenschein wird es auf dem Festplatz richtig heiß. „Da hilft nur weiterfahren, der Fahrwind kühlt“, sagt Markus Vater.

Nicht zum Lachen ist dagegen Friedrich Hilsberg zumute. Der 28-Jährige ist als Einsatzleiter des Malteser Hilfsdienstes an diesem Sonntag nach Radebeul gekommen. Mit zehn Leuten sind die Retter vor Ort und für jeden Notfall gerüstet. Liegen standen für Patienten bereit. Daneben hatten sie Beatmungsgeräte, EKGs und Defibrillatoren aufgestellt. „Bei dieser Hitze überschätzen sich die Leute leicht“, sagt Friedrich Hilsberg. Trinken sei am wichtigsten, um unfallfrei nach Hause zu kommen. Aber auch kleinere Pausen zwischendurch sind sinnvoll, sagt der Rettungssanitäter.

„Bei der starken Sonne bekommt man leicht einen Hitzschlag. Vor allem in der Mittagssonne.“ Die Männer und Frauen in den rot-weißen Uniformen waren für das Gebiet zwischen Dresden, Radebeul und Niederwartha verantwortlich. Zwei Einsatzwagen hatten sie auf der Festwiese postiert. „Wenn wir gebraucht werden, muss es ja schnell gehen“, erläuter der Einsatzleiter. Zum Glück war das nicht der Fall. „Es gab kaum Zwischenfälle“, sagt Friedrich Hilsberg. Neben Schürfwunden hatten einige Radler auch mit ihrem Kreislauf Schwierigkeiten. „Die Verletzten haben wir versorgt“, sagt der Rettungssanitäter. Ernsthafte Wunden habe es nicht gegeben.

Philipp Siebert, Sächsische Zeitung (6.7.2015) | Fotos: Norbert Millauer


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